Porträt einer bemerkenswerten Ausstellung…

 … aus der Blickrichtung von Birgitt Matkowitzeiner Besucherin.
Vielen Dank, dass wir diesen Text hier veröffentlichen können!

Der helle Dielenboden knarrte betreten und eine Woge des Willkommenseins im stillen Dialog über das Leben umfing mich. Durch das betagte Sprossenfenster an der Stirnseite lugte gefiltertes Wintersonnenlicht und schmeichelte der Atmosphäre dieses ehrwürdigen Schlossraumes aus dem 16. Jahrhundert. Ich hatte Glück, die Mehrzahl der Starnberger spazierte heute am See, nicht in eine Ausstellung; so stand ich für einen Moment allein inmitten ausdrucksstarker Schwarz-Weiß-Porträts und ließ mich überrumpeln von ihrer Schönheit.

Was bewirkte, dass sie mich derart in ihren Bann zogen?

Unter jedem Foto befand sich ein kleiner Text auf weißem Hintergrund mit einer Äußerung der porträtierten Person, die als Überschrift für ihr Leben und Wirken gelten konnte. Ein Kernsatz der Lebensspur, die bereits hinterlassen wurde. Ich untersuchte die Übereinstimmung dieser Worte mit dem abgebildeten Gesicht und der zugehörigen Gestik und guckte mich damit in ein Zwiegespräch mit einem Menschen, den ich gerade kennenlernte. Fantastisch, wie es funktionierte.

Doch das allein war nicht der Schlüssel zur Magie, der ich erlag. Ich begab mich neugierig in den anschließenden großen Saal.

́Künstler der Tafelrunde ́ – schoss mir in den Sinn, mir, die ich als Kind an der Seite von König Artus gekämpft hatte, und durch alte Schlösser gestreift war, als sei ich deren Besitzerin. Die abgebildeten Personen waren nicht alle Künstler, nein, aber das galt es jetzt nicht so genau zu nehmen. Worum es ging, war der Dialog, der im Raum flirrte. Früher saßen hier Menschen um einen Tisch herum, jetzt kommunizierte das reale Leben still von der Wand herunter. Doch auch das traf noch nicht den Punkt. Ich platzierte mich in die Raummitte (dahin, wo früher die Tafel stand), und plötzlich wusste ich es:

Die Augen! Ich konnte in ihren Augen lesen!

41 Personen mit 41 Wesenszügen. Sonnige, nachdenkliche, fröhliche Purzelbäume schlagende, von zielgerichtetem Willen geleitete, sich selbstsicher behauptende, hinterfragende, und zahlreiche weitere aus übergeordneten Zuschreibungen in variantenreichen Details aus Augen ablesbar. Augen, die fast durchgehend strahlten. Emotionen, festgehaltenen Bewegungen, die nie eingefroren wirkten sondern die Zukunft würden überdauern können.

Dem Fotografenduo Carmen Kubitz und Jürgen Wassmuth ist es gelungen, die Seele der jeweiligen Person zu erreichen. Innere Schönheit wird sichtbar und erlebbar. Hier ist neben Können auch Kunst im Spiel.
Schufen sie mit ihrer Arbeit eine Form von Unvergänglichkeit, die selbst im hohen Alter, wenn der Blick vielleicht erlöschen wollte, immer noch erkennbar sein würden?

Wie ich erfuhr, entstanden alle Porträts während eines sehr persönlichen Dialoges zwischen drei Menschen. Zwei Fotografen im Gespräch mit der porträtierten Person in den Spuren ihres Lebens. Emotionen, die Bewegung auslösen. Lebensspuren, Emotionen, Bewegung, sichtbar für uns, die Betrachter. Eine sehr persönliche Angelegenheit festgehalten für die Ewigkeit.

Das Licht im Raum hatte sich zwischenzeitlich gewandelt, wirkte jetzt gedimmt, ähnlich meiner Speicherkapazität für intensive Eindrücke. Langsam lief ich in umgewandter Reihenfolge noch einmal an den Gesichtern der Menschen vorbei, die bereit gewesen waren, ihre Lebensspuren der Zeitschreibung zur Verfügung zu stellen, zurück zu meinem Ausgangspunkt. Dorthin, wo auch mein Lieblingsporträt hing, das einer Frau, einer Künstlerin, mit der Aussage: „…weil ich mit der Hand mein Herz ausdrücken und mich verschenken kann.“

Wo bleiben meine Kritikpunkte? So viel Lobhudelei ist ja peinlich. Ich geh dann mal. Nach über zwei Stunden…

„Zu zweit auf einem Surfbrett durch die Wellen reiten? Das funktioniert nicht!“ „Doch“, nickte ich. „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.
Birgitt Matkowitz

Das Buch „Lebensspuren“ ist im Allitera Verlag erschienen und kostet 29.-€.

Und hier noch ein paar Impressionen zur Ausstellung in Schloß Kempfenhausen am Starnberger See, 26.1. bis 24.2.2019.

Elisabeth Carr eröffnet die Vernissage
Fotografen und Fotografierte
Jürgen Wassmuth und Anatol Regnier
Buch und Ausstellung werden der Öffentlichkeit übergeben

Corimage, Lebensspuren, Ausstellung, Porträt

 

 

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