Den ersten Eintrag im neuen Jahr möchte ich einer Ausstellung widmen, die trotz ihres stolzen Alters von 64 Jahren mein persönliches Ausstellungshighlight 2018 war:
„The Family of Man„ auf Schloß Clervaux in Luxemburg.
Jürgen hatte mir wiederholt von diesem weltberühmten „kollektiven Porträt der Menschheit“ erzählt, das der Fotograf Edward Steichen, Kurator des MoMA New York, Anfang der 50er Jahre vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges, der Entwicklung der Atombombe und der Bedrohung durch den kalten Krieg initiiert und zusammengestellt hatte. „… Die Fotografin Dorothea Lange assistierte ihrem Freund Edward Steichen bei der Rekrutierung von Fotografen…. 1953 starte sie „Einen Aufruf an Fotografen auf der ganzen Welt“:
„Zeige ‚Man to Man‘ auf der ganzen Welt. Hier hoffen wir, durch visuelle Bilder die Träume und Bestrebungen des Menschen, seine Stärke, seine Verzweiflung unter dem Bösen zu enthüllen. Wenn die Fotografie diese Dinge zum Leben erweckt, wird diese Ausstellung in einem Geist leidenschaftlichen und ergebenen Glaubens an den Menschen geschaffen. Nichts weniger werden wir erreichen… „(Auszug aus Wikipedia „The Family of Man“)

Nachdem ich vorbei an Carl Sandbergs so schönem wie pathetischem Eingangstext durch den Mauerbogen eingetreten bin, werde ich sofort hineingezogen in die Thematik des ersten Raumes: Eine wandfüllende Fotografie einer Meerlandschaft, davor eine Büste einer schwangeren Frau, gleich einer prähistorischen Statue.
An den anderen Wänden weitere Bilder von Schwangerschaft und Geburt, einer Hochzeitsgesellschaft, festgehalten in ausschließlich schwarzweißen Portraits und Szenen von Menschen aus Europa, Amerika, Afrika, Asien. Es folgen, Raum für Raum, die Themen Kindheit und Familie, Alter, Tod. Mensch im sozialen Umfeld, Mensch und Technik, Mensch und Glaube, Mensch im Elend, im Krieg, im Glück. Vereinzelt stehen Zitate von Philosophen, Schriftstellern, Politikern unter den Fotografien, die man am liebsten mitschreiben möchte, um sie nicht wieder zu vergessen. Manche Bilder eröffnen beim Betrachten eine Zeitreise zurück in vergangene Epochen und Welten, manche Bilder sind ewig aktuelle Momente des Menschseins. Die Installationen in den Räumen, obwohl weitgehend der Originalausstellung getreu gestellt und gehängt, wirken auf mich beeindruckend und verdichten die Themenbereiche noch zusätzlich.

Nach eineinhalb Stunden Schauen bin ich geflasht, beeindruckt von den gezeigten Dokumenten, persönlichen Momenten, Emotionen in den Fotografien. Danke für den tollen Tip!



Zur Geschichte der Ausstellung:
Unter mehr als 4 Millionen Einsendungen -darunter Fotografien von Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, Garry Winogrand, Dorothea Lange, Diane Arbus, Eve Arnold, August Sander, Robert Doisneau – wählte Steichen 503 Fotografien für die Ausstellung im MoMA aus, die ein riesiger Publikumserfolg wurde. Fast 10 Jahre lang tourte sie anschließend durch die Welt, bis sie nach einer Schenkung an das Heimatland von Steichen im luxemburgischen Schloß Clervaux einen dauerhaften Platz fand und 2013 restauriert wiedereröffnet wurde. Bis heute haben über 10 Millionen Menschen „The Family of Man“ gesehen.
Die Ausstellung ist täglich außer Montag und Dienstag geöffnet, mehr dazu hier.